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Sculpture in the City: Kunst verwoben im urbanen Gefüge

Sculpture in the City ist ein erstklassiges Beispiel für ein nachhaltiges Programm für Kunst im öffentlichen Raum: es entwickelt sich mit der Zeit weiter, reagiert und interagiert mit der sich ewig wandelnden architektonischen Landschaft der London City. Zu sehen sind einige der innovativsten drei-dimensionalen Werke zeitgenössischer Kunst. Dieser einzigartige städtische Skulpturengarten ist Tag und Nacht geöffnet und zählt jährlich 500.000 Besucher:innen.

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Mark Handforth, Harlekin Vier, (2019), Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers und von Modern Art, London, Foto: © Nick Turpin

 

Der Anfang

Das Projekt wurde 2010 ins Leben gerufen. Die Stadt London beauftragte Lacuna, die kreative Projektvermittlung unter Leitung von Stella Ioannou, ein Werk zeitgenössischer Skulptur zu erwerben, um damit das Bankenviertel der Londoner Innenstadt zu beleben. Im Jahr 2011 wurde die erste Edition von Sculpture in the City eingeweiht. Sie umfasste vier maßgebliche Kunstwerke: Sky Mirror (Himmelsspiegel) von Anish Kooper, Garden Pouf (Gartensitzkissen) von Franz West (welches zuvor noch nie in der Öffentlichkeit zu sehen gewesen war), 3 Men Walking (3 Männer, laufend) von Julia Opie und Screen with Folded Arms (Wandschirm mit verschränkten Armen) von Kennetch Armitage. Seitdem enthüllt Scupture in the City jeden Sommer wieder eine neue Auswahl von Skulpturen von berühmten internationalen und aufkommenden Künstler:innen.

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Eva Rothschild, Kosmos, (2018), Copyright der Künstlerin, Mit freundlicher Genehmigung von Modern Art, London, Foto: Benjamin Westoby

 

Stark, stärker, am stärksten

Waren während der ersten Ausstellung noch vier Künstler:innen vertreten, so umfasst die derzeitige Edition bereits neunzehn Skulpturen und eine größere Zahl aufkommender Kunstschaffender und experimenteller Medien als je zuvor. Bis zum Frühjahr 2022 haben Besuchende die Möglichkeit Eva Rothschilds Kosmos zu erkunden. Die imposante Installation besteht aus 3,5 Meter hohen Modulen aus Leisten, die sich aneinander anlehnen und stützen. Almuth Tebbenhoffs Redhead Sunset Stack hält in der spielerischen Form eines großen Spielzeugturms den sonst so flüchtigen Sonnenuntergang fest. Und Tatiana Wolskas unbetitelte Skulptur aus recycelten Plastikflaschen verführt die Zuschauenden mit lebendigen roten Farbtönen und fesselnden Formen.

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Almuth Tebbenhoff, RedHead Sunset Stack (2014-2019), Copyright der Künstlerin, Foto: © Nick Turpin

Im Laufe der Entwicklung dieses städtischen Kunstparks hat sich auch das Auswahlprozedere verändert. Waren bei der ersten Edition nur eingeladene Künstler:innen vertreten, werden die Skulpturen seit 2015 über eine öffentliche Ausschreibung ausgewählt. Die Jury, unter der Leitung von Lacuna und nominiert von der Arts Advisory Group, besteht aus namhaften Kunstexpert:innen wie Jane Alison, Leiterin der bildenden Künste am Barbican Art Centre, Iwona Bazwick, Vorsitzende der Whitechapel Gallery, Whitney Hintz, Kuratorin bei Hiscox, Andrea Schlieker, Tate Britain, und eingeladenen Teilnehmer:innen früherer Editionen. Die derzeitige Ausschreibung gilt nicht nur für 3D-Kunst, sondern auch für Audio & Visual, 2D grafische Installationen und Licht & Sound.

 

Mit der städtischen Umgebung als wechselndem Ausstellungsraum und Events und Aktivitäten nach Feierabend und am Wochenende zieht Sculpture in the City ein diverses Publikum an. Das Projekt geht damit aktiv auf den wachsenden Appetit auf abwechslungsreiche und fortlaufende Programme ein, welche die kulturellen Vorlieben von sowohl Londonern als Besuchenden ansprechen.

Weiterführende Aktivitäten

Sculpture in the City bietet jungen Menschen Möglichkeiten, sich in Rahmen umfangreicher Bildungsprogramme mit der Londoner City auseinanderzusetzen. Vorträge und Führungen setzen die Skulpturen in den Kontext der bestehenden lokalen Sehenswürdigkeiten und kulturellen Angebote und lenken die Aufmerksamkeit auf die architektonischen Wahrzeichen in diesem einzigartigen städtischen Ausstellungsraum. Schüler:innen an Londoner Schulen wird ermöglicht im Rahmen von Workshops den Bezirk zu erkunden, wobei sie gleichzeitig angeregt werden sich kreativ mit dem öffentlichen Raum und dem Wert öffentlich zugänglicher Kunst auseinanderzusetzen. Wichtig ist zu erwähnen, dass die eingeladenen Schulen alle Schüler:innen aus unterrepräsentierten Bevölkerungsgruppen unterrichten; viele von ihnen haben weder schon einmal die City besucht, noch werden sie der Wahrscheinlichkeit nach die Stadtmitte, Kunst und hiesige Umgebung als Karriereoption oder kulturelle Laufbahn in Erwägung ziehen.

In Zusammenarbeit mit Musicity, einer führenden weltweiten Agentur für Musik und Architektur, gibt Sculpture in the City Musik in Auftrag, die durch die Architektur oder Projektorte inspiriert sind. Diese ortsspäzifischen Kompositionen reichen von moderner Klassik bis zu elektronischen Klanglandschaften. Beitragende waren bisher Sarathy Korwar, Midori Komachi, Bambooman, Angele David-Guillou, Mixmaster Morris und viele mehr. Die Stücke sind frei zugänglich als Teil des Projekts. Sie können sowohl von zu Hause als auch vor Ort auf der Website von Musicity angehört werden.

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Rosanne Robertson, Stein (Mannsweib) (2021), Copyright der Künstlerin, Foto: © Nick Turpin

 

Kunst im Dunkeln

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Regitze Engelsborg Karlsen, Reaktivität (2017), Copyright der Künstlerin, Foto: © Nick Turpin

Im Juli 2021 feierten Sculpture in the City und die Whitechapel Galerie zusammen die dritte Edition von Nocturnal Creatures (nächtliche Wesen), ein alljährliches Festival für zeitgenössische Kunst – zu später Stunde. Für eine Nacht wurden Skulpturen durch ein aufregendes Programm mit Performances, Musik, Film und kulinarischen Genüssen zum Leben erweckt. Besuchende konnten an thematischen Rundgängen teilnehmen oder die Multimediaführung im Internet nutzen, um die Skulpturen mit begleitenden Musikstücken zu erfahren.

Die Künstler:innen brachten auf vielseitige und originelle Weise Leben in ihre Werke. Isabella Martin, zum Beispiel, begleitete ihr Werk Keeping Time (Zeit nehmen) mit einer Lesung von Italo Calvinos Kurzgeschichte Shells & Time, die Inspirationsquelle für ihr Werk war. Die Erzählung schildert die Versuche eine Muschel, ihren Körper als Uhr zu benutzen, und erkundet die Bemühungen der Menschen das Vergehen der Zeit in einer Welt im steten Wandel zu messen. Rosanne Robertsen Kunstwerk Stone (Butch) (Stein (Mannsweib)) wurde inspiriert von Les Feinbergs revolutionärem Roman Stone Butch Blues. Zu ihrer Skulptur präsentierte die Künstlerin eine elektro-akkustische Performance, ein wahres „Aushorchen“ der Materialien, die in der Skulptur verarbeitet wurden in Zusammenspiel mit Exzerpten von Feinbergs Roman. Jun T. Lai brachte sein Werk Bloom Paradise (Blüte Paradies) mit professionellen Skatern zum Leben, die mit ihren Kostümen ein modernes Alice im Wunderland heraufbeschwörten. Die Performance basierte auf der Idee von Liebe und Hoffnung, ewiger Erkundungen und Abenteuer. Das Publikum erhielt vom Künstler designte Blumenmasken aus Papier, worauf ein QR Codes zu einer elektronischen Version von Beethovens Für Elise verlinkte.

Jun T. Lai, Blüte Paradies (2019), Copyright der Künstlerin, Foto: © Nick Turpin
Jun T. Lai, Blüte Paradies (2019), Copyright der Künstlerin, Foto: © Nick Turpin

 

Transformative Kraft

Sculpture in the City ist eine einzigartige, riesige Ausstellung, der es gelungen ist, einem städtischen Gebiet von vor allem monumentalen Wolkenkratzern und leeren Plätzen, neues Leben einzuhauchen. Im Laufe der letzten zehn Jahre hat Sculpture in the City 131 Künstler:innen ausgestellt, darunter Antony Gormley, Xavier Vielhan, Anthony Caro, Shirazeh Houshiary, Miroslaw Balka, Ugo Rondinone, Sarah Lucas, Giuseppe Penone und viele mehr. Dem Projekt ist die Transformation eines mondänen urbanen Bezirks in einen Ort für öffentliche Kunst auf Weltklasseniveau gelungen. Sculpture in the City arbeitet auch weiterhin mit ansässigen Firmen und öffentlichen Institutionen zusammen, um den Spielraum für das Projekt zu erweitern. Während immer mehr Skulpturen Teil dieses extravaganten öffentlichen Kunstpfades werden, sorgen innovative weiterführende Aktivitäten und Programme für die Belebung der Skulpturen durchs ganze Jahr. Dadurch wird nicht zuletzt die Bekanntheit mit drei-dimensionale Kunst für ein stetig wachsendes Publikum weiter aktiv gefördert.

Tatiana Wolska, Ohne Titel (2021), Copyright der Künstlerin, Mit freundlicher Genehmigung von l’étrangère and Irène Laub Gallery, Foto: © Nick Turpin
Tatiana Wolska, Ohne Titel (2021),
Copyright der Künstlerin, Mit freundlicher
Genehmigung von l’étrangère and Irène Laub
Gallery, Foto: © Nick Turpin

Sculpture in the City 2021, London, Vereinigtes Königreich. Zugang und Eintritt frei 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche: https://www.sculptureinthecity.org.uk/visit

Ausschreibung für Teilnahme, ausschließlich bis 27. Oktober 2021
https://www.sculptureinthecity.org.uk/call-for-submissions/

 

 

Autor: Marek Wolynski 

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Marek Wolynski ist Kurator, Creative Producer, Kunstschriftsteller und Mitwirkender an mehreren internationalen Kunstmagazinen. Er arbeitet derzeit in London. Sein Schwerpunkt liegt auf innovativem öffentlichen Engagement und intuitiver, multi-sensorischer Erfahrung. Marek interessiert sich allem voran für das Zusammenspiel von Kunst, Natur und Technologie.

Übersetzt aus dem Englischen von Sophie Kulik
Veröffentlicht im Oktober 2021

Titelbild: Ruth Ewan, Stummer Mitwirkender (2019), Im Auftrag von High Line, Mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin und Rob Tufnell, Foto: © Nick Turpin


 

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