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International Dialogue in Wuppertal am 8.Oktober 2022

Skulpturenpark Waldfrieden und Von der Heydt Museum

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Café Podest

Herbstlich feucht fühlte es sich an, als wir vom Parkplatz zum Treffpunkt, dem Café Podest, hinaufstiegen.

Durch das Blätterdach der hohen Bäume blitzte immer wieder die Sonne. Das noch leere Café füllte sich schnell mit lebhaftem Austausch, bis der Bildhauer und Organisator des Dialogues, Michael Zwingmann uns einsammelte, und die Führung begann.

Die Mitarbeiterin des Von der Heydt Museums begeisterte uns mit ihrer lebendigen Art auch für die unbequemen Skulpturen von Anish Kapoor in der ersten Ausstellungshalle. Werke wie „Threshhold Door“, das wie der blutüberströmte Ort eines Gemetzels wirkte, waren für mich sehr herausfordernd.

Threshold Door Anish Kapoor.JPG
"Threshold Door" Anish Kapoor

 

Villa Waldfrieden Innen-Außen.JPG
Villa Waldfrieden Innen-Außen

Auf der großen Wiese vor der Villa konnten sich unsere Augen ausruhen. Dort wirkte die Bronze von Miro gefällig. Das Grün spiegelte sich in den Panoramafenstern, die auf der Gartenseite die Mauern ersetzten. Das Innen war vom Außen nicht getrennt. Über das lichte Grün des Grases stiegen wir den Hang hinauf, vorbei an einer riesigen weiblichen Bronze von Henry Moore. Lässig nahm sie den weiten Raum ein. Wir merkten schnell: hier waren die großen Namen versammelt!

"Femme" Joan Miró   "Draped Seated Woman" Henry Moore

Links: "Femme" Joan Miró; Rechts: "Draped Seated Woman" Henry Moore

Auch Kurioses begegnete uns auf dem Weg, wie der, mit Grünspan überzogene, Telefonkasten neben der Sitzbank. Einst hatte der frühere Besitzer Ernst Herberts, Lackfabrikant, das gesamte Gelände mit einer Telefonanlage ausgestattet. Immer erreichbar, damals, nach dem zweiten Weltkrieg, revolutionär, heute Normalität.

Telefonkasten.JPG

 

Und natürlich Tony Cragg, der 2008 das Anwesen als Skulpturenpark eröffnete und stetig erweitert. Unsere Begleiterin demonstriert uns eindrücklich, wie der Künstler durch Verfremdung eines Alltagsgegenstandes, einer gelben Sprühflasche, die Skulptur „Declination“ kreierte.

Declination Tony Cragg.JPG

 

Blick nach draußen.JPG

Die obere Ausstellungshalle war für mich eine Gebäudeskulptur. Durch die gewölbte Glasfassade ging mein Blick weit ins Grüne. Die Natur und die Skulpturen im Außen hielten Zwiesprache mit dem Raum und den Skulpturen im Innen.

Die schneeweißen Werke von Andreas Schmitten faszinierten und verstörten mich gleichzeitig.

 

Geburt Andreas Schmitten.JPG

 

Sectional Body preparing for Monadic Singularity Anish Kapoor.JPG

Und wieder, Anish Kapoor, der ein eindrückliches, verwirrendes Raumerlebnis bot. Das Licht, die Bäume, alles spielte mit bei der Inszenierung. In diesem schwarzen Kubus zu sein, der durchzogen ist von straff gespannten roten Planen, die Gefäße und Verbindungen bildeten, war für mich das stärkste Erlebnis im Skulpturenpark. „Sectional Body preparing for Monadic Singularity” nannte der Künstler seine Skulptur. Eine mögliche Übersetzung wäre: „zusammensetzbarer Körper der sich auf eingliedrige Einzigartigkeit vorbereitet“. Auch der Titel öffnet Räume.
 

Kopf III Hede Bühl.JPG

Irritiert stand ich vor der Bronze „Kopf III“ von Hede Bühl. Bandagen, Spanngurte, Fesseln… ein ganzes Feld von Begriffen und Emotionen stieg auf. Der überdimensionale Kopf als Monument unserer kopflastigen Welt, auch das dachte ich.
Anders sind die Werke von Eva Hild: fließend, voller Bewegung, verspielter Veränderung. Doch da nahm ich auch noch einen anderen Aspekt wahr, die unbändige Kraft in der strahlend weißen „Wave“, in der stahlgrauen „Irruption“. Ich fragte mich, was geschehen würde, wenn der Wind hindurchpfiffe, oder wie sie einen Schwall Wasser verwirbeln würden. Dabei ginge es auch um Begrenzung, um Druck.

Auf dem Weg zum Ausgang lag „Trashstone 394“ von Wilhelm Mundt. Unscheinbar auf den ersten Blick, zog er dennoch meine Aufmerksamkeit an. Bedenkt man die Entstehungsgeschichte der Trashstones, beginnt das Kopfkino, denn ihr Kern besteht aus Gegenständen seines Ateliers, die er nicht mehr benötigt: Holzstücke, Reste von Klebebändern, Teile verworfener Skulpturen. Upcycling im schönsten Sinn!

Trashstone 394 Wilhelm Mundt.JPG

 

Bevor wir den Standort wechselten, gab es Zeit für weitere Entdeckungen, Geselligkeit im Café, je nach Lust und Laune.

Im Von der Heydt Museum erwartete uns schon die, uns vertraute, Begleiterin. Wir erhielten einen Einblick in die Ausstellung: „ZERO, Pop und Minimal – Die 1960er und 1970er Jahre“.

Manchmal stand ich etwas ratlos vor den Kunstwerken, wie der „Standgitarre“ von Joe Jones, die mithilfe einer Apparatur scheppernde Geräusche von sich gab oder dem „Fluxus-Klavier“ von Joe Jones, das motorgetrieben Misstöne erzeugte. Alles, was entfernt nach Bürgerlichkeit roch, wurde von den Künstlern abgelehnt und verzerrt.

"Standgitarre" Joe Jones   "Kassiopaia" Victor Vasarely

Links: "Standgitarre" Joe Jones; Rechts: "Kassiopaia" Victor Vasarely

Bei den optischen Spielereien von Victor Vasarely kam ich ins Grübeln: was sehe ich und was ist wirklich da. Wie oft ist das nicht deckungsgleich.

Auf einer großen Wand schaute uns zehn Mal Mao Zedong entgegen, eine komplette Serie von Siebdrucken, aus jedem Bild in anderen Farben ein verwandelter Mao. Ein beeindruckendes Werk von Andy Warhol!

Mao Tsetong Andy Warhol.JPG

 

Erstaunt entdeckten wir in einem Gemälde von Günter Fruhtrunk das Muster der Alditüte. Eine Absage an den abgehobenen Kunstbetrieb. Kunst landet mitten im Alltag.

Progression Diagonales Günter Fruhtrunk.JPG

 

Nachdem wir uns bei unserer kompetenten Führerin gebührend bedankt hatten, blieb noch etwas Zeit für eigene Erkundungen bis zur Schließung des Museums. Ein Teil der Gruppe ließ zusammen den Tag ausklingen, bei lebendigem Gespräch und leckerem marokkanischem Essen im Lokal „Abdels“. Wie herzlich verabschiedeten wir uns danach voneinander!

 

Über den Autor/ die Autorin

Gabriele Maria Friederichs

Gabriele Maria Friederichs ist Lyrikerin und leitet Schreibwerkstätten für Kinder und Erwachsene.

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Gabriele Maria Friederichs

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