Installation view Into the Swamp, image courtesy the artists. Photo: Marte Conesa
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Strukturen des Fühlens mit Tiana Jefferies

Tiana Jefferies ist eine aus Australien stammende Raumkünstlerin, die derzeit in Berlin lebt und arbeitet. Wir besuchten ihre Installation Ground State (Schwül) und sprachen mit ihr darüber, wie sie in ihrer Arbeit Freude, Intimität und Ironie einsetzt, um die Beziehungen zwischen Architektur, Ökologie und Klima zu untersuchen.

Kannst du dich und deine Arbeitsweise kurz vorstellen?

Ich bin Raumkünstlerin und lebe und arbeite in Berlin. Die Materialien, die ich hauptsächlich verwende, sind Teile von Camping- und anderen Outdoor-Ausrüstungen. Mich interessieren die Beziehungen, die zwischen Architektur, Ökologie und Menschen bestehen. Ich gehe die Dinge eher auf spielerische Weise an und versuche, die absurden oder auch ironischen Elemente in diesen Beziehungen zu erfassen.

Warum arbeitest du gerne mit Fundstücken? Seit wann verwendest du sie?

Es begann mit der Kultur des Sammelns von Abfällen am Straßenrand in Brisbane, Australien, und damit, dass ich so viel Potenzial in den Materialien sah. Ich wollte herausfinden, ob es Zusammenhänge zwischen dem gibt, was zu verschiedenen Jahreszeiten weggeworfen wird. Nach dem Sommer sieht man all diese Standventilatoren, die weggeworfen werden. Das sagt viel über das Klima aus, in dem wir leben, und auch über das politische, soziale und wirtschaftliche Umfeld dieser bestimmten Gruppe von Menschen.

Dann ging es mir mehr um Campingausrüstung und Materialien für den Outdoor-Bereich. Alles, was irgendwie so aussah, als würde es helfen, die Beziehung zwischen Mensch und Natur zu verbessern. Zelte vermitteln einem zum Beispiel das Gefühl, der Natur näher zu sein, aber eigentlich fungieren sie sowohl als Barriere als auch als Verbindungsglied. Ich habe versucht, spielerisch die materielle Kultur zu erforschen, die unsere Beziehung zur Umwelt um uns herum erleichtern soll.

(Die Straßensammlung ist ein Dienst der örtlichen Stadtverwaltungen in Australien, der Haushaltsabfälle und wiederverwertbare Stoffe von Haushalten und Unternehmen abholt. Sie ist in der Regel in städtischen und vorstädtischen Gebieten verfügbar.)

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Tiana Jefferies, Installationsansicht teetering, tittering, tits up, 2023, Metro Arts. Bild mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin. Foto: Louis Lim

Du lebst jetzt in Berlin. Hat sich dieser Prozess des Sammelns von Materialien mit der Kultur des Verschenkens in Deutschland auf natürliche Weise verändert?

Ja! Das war einer der Gründe, warum ich mich in Berlin verliebt habe, und ich wusste sofort, dass ich hier leben wollte, eben wegen der Kultur des Verschenkens. Ich weiß, dass die Leute das nicht mögen, weil sie das Gefühl haben, dass überall Müll und Abfall herumliegen, aber für mich ist das ein wahres Materialwunderland. Man findet jeden Tag ganz wunderbare Dinge.

Ich würde gern etwas mehr über dein Kunstwerk Ground State (Schwül) erfahren. Das Werk besteht aus drei Iterationen und wurde in Berlin, Brisbane und Melbourne ausgestellt. Wie ist diese Installation entstanden?

Angefangen hat alles während meines Aufenthalts als Artist in Residence bei GlogauAIR, als ich 2023 zum ersten Mal nach Berlin kam. Das Werk besteht aus neonfarbenem Paracord (Fallschirmseil), Vibrationsmotoren und gefundenen organischen Materialien. Es war Teil dieser neuen Phase in meiner künstlerischen Arbeit. Die Materialien, die ich zuvor in meiner Arbeit verwendet hatte, zeigten einen Bezug zu Australien, und jetzt versuchte ich, mich in einer neuen Landschaft und an einem neuen Ort zu positionieren.

Das Kunstwerk selbst besteht aus einem Netz aus neonfarbenem Paracord, an dem Vibrationsmotoren und Sensoren befestigt sind, sodass es auf Bewegung ebenfalls mit Bewegung reagiert. Die Art der erzeugten Bewegung ähnelt einem leichten Zittern, so als ob ein Insekt darauf herumhüpfen würde.

Ich wollte dieses Gefühl der Reaktionsfähigkeit und des aktiven, wechselseitigen Austauschs auf beiden Seiten erzeugen. Wenn du mit deinem Körper mit der Installation in Berührung kommst, kommt die Installation auch mit dir in Berührung. Dieselbe Erfahrung machen wir auch in Bezug auf die ökologischen Zusammenhänge. Die Umwelt reagiert in jedem Moment auf uns, genauso wie wir auf sie reagieren.

Jede Iteration unterscheidet sich geringfügig von der vorherigen und in die jeweilige Installation fließen organische oder industrielle Materialien aus der lokalen Architektur und Umgebung mit ein.

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Ground State (Schwül), 2024. Installationsansicht Into the Swamp, Ventana-Projekt, 2024. Bild mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin. Foto: Marte Conesa

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Tiana Jefferies, Ground State (Schwül), 2024. Installationsansicht, The road to hell is paved with good intentions, CARPARK Gallery, Meanjin/Brisbane, 2024. Bild mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin. Foto: Carl Warner

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Tiana Jefferies, Ground State (Schwül), 2025. Installationsansicht, Hell is full of good meanings but heaven is full of good works, Blindside Gallery, Naarm/Melbourne, 2025. Bild mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin. Foto: Sebastian Kainey

Wie du bereits erwähnt hast, wolltest du mit dieser Installation eine sexy Sumpfatmosphäre schaffen. Warum?

Ich fand Feuchtgebiete schon immer interessant, und da ich wusste, dass Berlin ursprünglich ein Sumpfgebiet war und auch immer noch ein wenig sumpfig wirkt, wollte ich das mit diesem Gefühl der Sumpfigkeit in bestimmten Clubsituationen in Verbindung bringen. Wie diese dunklen Ecken und feuchten Umgebungen. Sumpfige Ökosysteme weisen diese konzentrierte Bioaktivität auf, und das gilt auch für die queere Clubkultur – insbesondere in Berlin. Dort herrscht ebenfalls viel Aktivität. Beides sind üppige und pulsierende Lebensräume, die jedoch oft nicht als schöne oder besonders wichtige Landschaften oder Räume angesehen werden.

Jede Iteration fühlte sich sehr intim und spielerisch an. War das in der Arbeit beabsichtigt?

Mir war es immer wichtig, in meinen Werken eine gewisse Intimität spürbar zu machen. Der Aspekt der Vertrautheit spielt in meiner Arbeit eine große Rolle. Mich interessiert die Intimität zwischen mir und den Dingen um mich herum, ganz gleich, ob es sich dabei um ein Wetterphänomen, einen Freund oder bestimmte Wechselbeziehungen zwischen Menschen und Nicht-Menschen handelt. Ich möchte, dass diese Strukturen die bereits vorhandenen vertrauten Beziehungen herausstellen und auf sie aufmerksam machen. Ich möchte neue emotionale Gefüge schaffen, die uns in unsere Zukunft begleiten.

 

Myfanwy Halton hat diesen Text auf Englisch verfasst.

Über den Autor/ die Autorin

Myfanwy Halton

Myfanwy Halton ist Autorin und Produzentin aus Australien und lebt in München.

Übersetzung

Sybille Hayek

Sybille Hayek ist Lektorin und Übersetzerin. Seit 2022 unterstützt sie unser Team ehrenamtlich mit ihrem geschulten Blick fürs Detail und einer großen Liebe zur Sprache.

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