Zwei Künstler, ein Kunstwerk
Die australische Koordinatorin Elly Buckley berichtet über die Entstehung des Gemeinschaftskunstwerkes „Emergent“ von Christine Simpson und Hirofumi Uchino, zu sehen auf der Skulpturen-Ausstellung Sculpture by the Sea.
Die Freiluftausstellung Sculpture by the Sea erstreckt sich entlang der Küste zwischen Bondi Beach und Tamarama Beach, in Sydney, Australien. Der wunderschöne Küstenweg ist durchsetzt mit außergewöhnlichen Sandsteinfelsen, die Wind und Wetter stark ausgesetzt sind. Die Landschaft bietet eine magische Kulisse für die in diesem Jahr von 140 Künstlern aus 18 Ländern geschaffenen und ausgestellten Skulpturen.
Das Werk Emergent entstand in Zusammenarbeit zwischen dem australischen sculpture network Mitglied Christine Simpson und dem japanischen, derzeit in Sydney lebenden, Klang- und Performancekünstler Hirofumi Uchino.
Beide Künstler arbeiten seit 2018 gemeinsam, und nahmen mit Ihrem Kunstwerk Henka als Finalisten im North Sydney Kunstpreis 2019 teil. Sowohl Henka als auch Emergent sind Kunstwerke, die Form und Klang verbinden.
Der Entwicklungsprozess des Kunstwerkes Emergent
Der Entstehungsprozess des Kunstwerks begann mit einem Besuch des im Marks Park (Sydney, Bondi), in dem sich die Künstler trafen, um einen geeigneten Standort für ihr gemeinsames Werk zu finden. In einer Baumgruppe im mittleren Teil des Parks, durch den sich der Skulpturenweg von Sculpture by the Sea erstreckt, fanden sie diesen Ausstellungsort.
Das initiale Konzept bestand darin, eine skulpturale Metapher für die „Beständigkeit des Wandels“ zu schaffen, welche die Umgebung sowie die sich ständig ändernden Wetterbedingungen der Küste widerspiegelt. Aus diesen konzeptuellen Anfängen heraus entschied sich Simpson, eine Skulptur zu entwickeln, die sich aus den Baumstämmen heraus entwickelt. Diese Skulptur sollte mit einer Art Klanglandschaft von Uchino „überschüttet“ werden. Der erste Gedanke war, die Skulptur als Erweiterung der Baumstämme und Äste erscheinen zu lassen.
Simpson und Uchino entschieden sich, den Klang aus einiger Entfernung über den Marks Park zu „werfen“ bevor er auf der Skulptur „landet“. Dies sollte mit einem Richtungs-Lautsprecher erreicht werden, der in der Lage ist, bis zu einem Kilometer Entfernung Klänge zielgenau zu transportieren. Dieses Konzept wurde der Jury von Sculpture by the Sea als Zeichnung und schriftliches Konzept vorgelegt und erfolgreich ausgewählt.
Nach dem ersten Treffen vor Ort wurde allerdings bekannt, dass die Klänge nur im Unmittelbaren Umfeld des Kunstwerkes abgespielt werden dürfen. Ebenso wurde den Künstlern mitgeteilt, dass die vorgeschlagene hängende Skulptur dem Eigengewicht eines erwachsenen Mannes standhalten müsse (Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften von Sculpture by the Sea).
Diese Einschränkungen entschieden letztendlich über die verwendeten Materialien. Das Konzept verlagerte sich von einer naturnahen Umsetzung der Skulptur in ein stabiles Gebilde mit Edelstahlrahmen und Aluminiumgitter. Beides leichte Materialen, stark genug jedoch um den oft rauen Wind- und Wetterbedingungen für diesen Abschnitt der Küste standzuhalten. Simpson und Uchino beschlossen nun ihr Werk aus der Baumkrone herabhängend zu entwerfen, anstatt es aus dem Baum heraus wachsen zu lassen.
Im Laufe ihrer Arbeit entwickelten sie eine geeignete Farbskala und verfeinerten ihre Ideen für die Klanglandschaft. Das Kunstwerk sollte als eine Art Regenbogen-Energiekörper erscheinen, der mit den Bäumen in einen Dialog tritt und gleichzeitig als Metapher für Veränderung steht. Sobald die Skulptur Gestalt annahm konzentrierten sich die Künstler auf die Entwicklung der Klanglandschaft, die ihr Werk ergänzen und vervollständigen sollte.
Simpson schrieb daraufhin das folgende „Haiku“, eine japanische Gedichtform mit nur drei Phrasen.
“bending through branches,
Twisting and turning colours
Release my spirit”
Dieses Gedicht, wurde von Uchino in einen Morsecode umgewandelt und zum Komponieren der Klanglandschaft genutzt. Interessanterweise erzeugt Uchinos Komposition eine gewisse Räumlichkeit und ähnelt dem Walgesang, durchsetzt mit raueren, industriellen Klängen.
Der Aufbau des Gemeinschaftswerkes
Um gut auf den Aufbau und die Montage des Kunstwerkes vorbereitet zu sein, hatten Simpson und Uchino drei „Generalproben“ vor Ort. Zuerst übten sie mit einem Modell aus Rattan und Baustahl. Später benutzten sie den Edelstahlrahmen und schließlich wurde ein Aufbau mit der kompletten Konstruktion versucht. Ursprünglich bestand das Werk aus vier geschweißten Teilen. Nach dem zweiten Testaufbau wurde jedoch beschlossen, mit nur zwei Teilen zu arbeiten. Nach der Einfärbung aller Elemente wurde die Skulptur schließlich vor Ort montiert. Die Aluminiummatten wurden hierbei um die beiden zusammengefügten Edelstahlrahmen gelegt und zusammengenäht. Der Richtungs-Lautsprecher wurde in einem der Äste hinter und gleichzeitig über dem Werk positioniert, um die Klänge nach unten und durch die Skulptur hindurch Richtung Boden zu lenken.
Die Ausstellung war vom 24. Oktober bis 10. November 2019 für die Öffentlichkeit zugänglich. In dieser Zeit ließen sich zahlreiche Besucher der Küste von den lebendigen und anspruchsvollen Skulpturen inspirieren.
Künstlerin, Künstler
Christine Simpson (sculpture network member)
www.christinesimpson.com.au
E: sculptor@christinesimpson.com.au
Hirofumi Uchino
https://www.lalweb.com/hiro-e.html
E: hirofumi@lalweb.com
Autorin: Elly Buckley
Elly Buckley ist ein sculpture network Mitglied, Künstlerin und unsere Koordinatorin in Australien.