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Holz - ein Werkstoff für Altes und Neues

Holz ist ein Material das vielseitig zu verwenden ist und aus welchem eine Fülle an unterschiedlichsten Werken gestaltet werden kann. Vorgestellt werden fünf Künstler*innen die u. a. mit diesem oft unscheinbar wirkenden Werkstoff großartige Kunstwerke erstellen. Das natürliche, pflanzliche Material ist oftmals mit weniger Kraftaufwand zu bearbeiten als manche andere Werkstoffe, wie z. B. Stein oder Metall und lässt sich äußerst vielfältig nutzen.

Ursprünglich wurde Holz nicht nur als Brennmaterial und für den Gebrauch als Geschirr oder  Aufbewahrungsbehältnis verwendet, sondern auch als Baumaterial und als Werkstoff für kultische Handlungen. In der heutigen Zeit ist Holz ein fester Bestandteil unseres Alltags und wird für zahllose Zwecke gebraucht. Dies mag auch seinen Grund darin haben, dass das aus den vielen verschiedenen Bäumen gewonnene Holz die Eigenschaften des jeweiligen Baumes weiterträgt und beibehält. Es wird zwischen Nadel- und Laubhölzern unterschieden, der Wert des Materials an seiner Festigkeit oder Hartheit gemessen sodass für jeden Gebrauchszweck ein passendes Holz ausgewählt werden kann. Wird der Materialbegriff um das Holz sehr weit gefasst, können auch exotische Baum- oder Grasarten die einen festen, stabilen und bearbeitbaren Stamm oder Halm ausbilden, hier genannt werden. Dazu zählen, neben dem Palmholz, auch einige Grasarten die einen so hohen und stabilen Wuchs ausbilden, dass daraus Häuser und dgl. gefertigt werden können wie z. B. Bambus.
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Holzes ist seine Nachhaltigkeit. Holz ist ein regenerativer, von selbst nachwachsender Rohstoff, der überdies eine große Rolle als erneuerbarer Energieträger spielt.
Generell gesehen sind Holz und die daraus hergestellten Produkte und Werke biologisch abbaubar, was allerdings in der heutigen Zeit durch chemische Behandlung zu vermeiden versucht wird. Ein weiterer Verwendungszweck von Holz ist die Weiterverarbeitung zu Papier oder beispielsweise Zellulosefasern, die in der chemischen Industrie oder für spezielle Textilien Verwendung finden. Desweiteren kann Holz zum Einen als Schallträger im Musikinstrumentenbau oder im Gegensatz als Dämmmaterial und zur Reduzierung von mechanischen Schwingungen eingesetzt werden.

Holz als Werkstoff in der Kunst

Das Material Holz zählt in der Menschheitsgeschichte zu den schon sehr früh gebrauchten Werkstoffen. Dazu gehören u. a. Werkzeuge und Essgeschirre aus Holz. In späteren Zeiten wurden im westlichen Kulturkreis Kunstwerke aus Holz abgelöst von Werken, die in den als edler und wertvoller angesehenen Werkstoffen Stein und Metall (vor allem aus Gold) ausgeführt wurden. Diesen Materialien und damit den Kunstwerken ist zugleich auch eine größere Härte und damit Dauerhaftigkeit zugeschrieben. Teilweise wurden bestehende Kunstwerke aus Holz durch eine gleiche Ausführung aus anderen Materialien ersetzt. Das Material Holz selbst erfuhr dadurch eine Abwertung im Kunstkanon. Im östlichen Kulturkreis dagegen ist gerade die Vergänglichkeit des Werkstoffes ein positiver Aspekt, der durch die immer neue Wiederausführung des Objekts einen Wert oder kultischen Status und dadurch eine Aufwertung erhält.1
 
Eine wichtige Verbindung des Materials Holz besteht bis zur heutigen Zeit zur (katholischen) Kirche. Das hölzerne Kreuz ist eines der am weitest verbreiteten Symbole der christlichen Kirchen und ohne den Bezug zum Holz nicht denkbar. Bildnisse von Heiligen, sogenannte Ikonen, wurden auf Holztafeln gemalt (oder auch auf mit Stoffen überspannte Holzbretter), ebenso gab es den Brauch von Votivgaben, die häufig ebenfalls auf Holz abgebildet wurden. Viele dreidimensionale Bildnisse von Heiligen sind ebenfalls aus Holz gestaltet.2
 
In der bildenden Kunst war Holz ein gebräuchliches Material im skulpturalen Bereich bis es im 18. Jahrhundert durch die jetzt als klassisch empfundenen Materialien wie Marmor oder Bronze abgelöst wurde. Eine Wiedereinführung des Holzes als Werkstoff in der Kunst erfolgte seit dem Primitivismus. Dieser war in seiner Materialwahl und bei der Ideenfindung teilweise von Volkskunst oder exotischen Stilen beeinflusst.3
 
Eine weitere Aufwertung erfuhr der Werkstoff durch seine Unmittelbarkeit. Sei es durch die selbsttätige Herangehensweise der Künstler*innen, die direkt mit dem Material arbeiten und dieses mit sichtbar bleibenden Bearbeitungsspuren belassen wollten, oder durch seine unkomplizierte Bearbeitbarkeit, gepaart mit einer großen Auswahl an Farben und Strukturen. Die kostengünstige Beschaffung des Werkstoffes trug ebenfalls in Zeiten des Kubismus und Konstruktivismus zur häufigeren Verwendung bei.4
 
In den siebziger Jahren wurde wieder stärker auf das Material selbst in der Kunst fokussiert, was dem Werkstoff Holz ebenso zugute kam. Dabei lag das Augenmerk auf der Gestaltung von Oberflächen und dem Herausarbeiten von holzeigenen Strukturen. Nachfolgend wurde bereits vorgefertigtes und teilweise industriell bearbeitetes Holz in stärkerem Maße in der Kunst verwendet. Jetzt ist auch eine Verwendung des Werkstoffes Holz in seiner ursprünglichen Form etabliert. Beispielsweise wird in der Land Art der Rohstoff in seinem Urzustand belassen und oft auch gleich an Ort und Stelle zu einem Kunstwerk verbaut. Der Gedanke des Naturzustandes des Werkstoffes, in diesem Fall Holz, soll nicht nur sichtbar bleiben, sondern ist in den meisten Fällen auch eine Verbindung zu einem Thema, das von Ökologie, der Vereinnahmung und Zerstörung der Natur und der uns umgebenden Umwelt und dem Gedanken der Nachhaltigkeit geprägt ist. Die Künstler*innen die sich mit dieser Angelegenheit auseinandersetzen arbeiten in der Verbindung mit den von ihnen verwendeten Naturstoffen ihre kritische Haltung zu dieser Thematik stark heraus.5
 
Sculpture network stellt fünf KünstlerInnen vor, die mit und aus Holz aufregende und moderne Kunstwerke schaffen. Diesen Kunstwerken ist zugleich gemein, dass sie sich nicht nur durch das gewählte Material Holz, sondern auch thematisch auf die Natur und die Umwelt und dem Verhältnis des Menschen dazu beziehen.
 
 
„Wooden Ark“, 2018 Holz, Naturstoffe, Stein 300 cm x 250 cm x 800 cm Bildrechte: Seregel
„Wooden Ark“, 2018
Holz, Naturstoffe, Stein
300 cm x 250 cm x 800 cm
Bildrechte: Seregel
Der Künstler çhakal thematisiert mit seiner Arbeit „Wooden Ark“ die Nutzung und Überfrachtung der Natur durch den Menschen. Seine aus Holz bestehende Arbeit ist wie ein Boot, eine Arche aufgebaut, und wirkt durch ihre Konstruktion aus Ästen und Zweigen fragil und zerbrechlich. Weiters wirkt die Skulptur durch den großen Findling, der sich innerhalb der Arche befindet und  der sinnbildlich für die große Masse an Forderungen die wir an die Natur durch Freizeit, Sport und Nutzung als Nahrungs- und Baugrundlage stellen, steht, gefährlich überladen, und wie kurz vor dem Kentern. Diese zerbrechlichen Boote stehen für unsere Welt und die Natur und verdeutlichen die Überforderung ebendieser durch den Menschen auf eine treffliche Weise. Der Künstler entnimmt für diese Kunstwerke Bestandteile aus der Natur, die aber nach einer gewissen Zeit wieder in die Umwelt zurückkehren und in ihr im natürlichen Kreislauf, der durch das künstlerische Werk nur kurzzeitig angehalten und unterbrochen wurde, wieder aufgehen. Der Ablauf von altem Holz, das wieder zu Humus wird, bleibt erhalten und beginnt neu. Der Künstler spiegelt mit seinem Werk die Gesellschaft, die mit ihrem Konsens des immer Mehr und immer Schneller dabei ist, die Grundlage unseres Überlebens gefährlich ins Wanken oder gar Umkippen zu bringen.
 
 
„Once upon a time…I, II“, 2019, Holz, Eisen, Photographie auf Textil 60cm x 120 cm x 266 cm Bildrechte: Künstlerin
„Once upon a time…I, II“, 2019,
Holz, Eisen, Photographie auf Textil
60cm x 120 cm x 266 cm
Bildrechte: Künstlerin
Die Arbeit „Once upon a time...I,II“ von Tamara Jacquin besteht aus einer Holz-, Eisenkonstruktion, auf der ein Wald auf einer natürlichen Baumwoll-Leinwand dargestellt ist. Diese Fotografie des Waldes ist in einzelne Abschnitte unterteilt, die anschließend zusammengenäht wurden. Der dargestellte Wald wirkt leicht und sonnendurchflutet, es ist ein schwereloses Abbild eines Traumbildes, also das Gegenteil unseres hoch technologisierten Agrarlandes, zu dem auch die Waldlandschaft zählt. Dieser Wald kommt so in unserer heutigen Zeit fast gar nicht mehr vor, da der Eingriff des Menschen aus dem ursprünglichen Zustand eines Urwaldes eine geformte und zum Teil auch genormte Landschaft gemacht hat, die ihre Bestimmung aus der Nutzung durch den Menschen erfährt. Die Künstlerin Tamara Jacquin arbeitet mit ihrem Werk „Once upon a time...I,II“ beispielhaft die Bestürzung über die Zerstörung der natürlichen Ökosysteme und das was mit diesem Planeten in heutiger Zeit passiert, heraus. Die dargestellte Arbeit spiegelt ein Traumbild wider und beschwört zugleich ein Erinnerungsbild herauf, das in naher Zukunft, wenn die Zerstörung der Erde in gleichem Maße weitergeht, Wirklichkeit erlangen kann.
 
 
„Two Worlds“, 2011, Olivenholz, 370 cm x 170 cm x 150 cm, Bildrechte: Künstler (in Privatkollektion)
„Two Worlds“, 2011, Olivenholz,
370 cm x 170 cm x 150 cm,
Bildrechte: Künstler (in Privatkollektion)
Der Künstler Mirek Struzik arbeitet mit seinem Kunstwerk „Two Worlds“ den Gegensatz zwischen reine Perfektion und natürlichem Aussehen oder Wachstum heraus. Er bearbeitete dazu Olivenholz, das eine sehr reiche Maserung und Struktur aufweist. Diese Struktur wurde im Mittelteil der Stele in ihrer natürlichen Wuchsform belassen und nur das Kernholz in seiner ursprünglichen Form herausgearbeitet und geglättet. Diese natürliche Form des Baumes geht im oberen und im unteren Bereich der Stele in eine gerade, perfekte Gestaltform eines maschinell heraus gesägten Balkens aus ebenjenem Olivenholz über. Der starke Unterschied zwischen einer natürlichen belassenen Wuchsform und einer maschinellen Bearbeitung der beiden anderen Teilstücke in der gleichen Skulptur, machen deutlich, dass viele Bäume und Baumarten eine stärkere organische Wuchsrichtung aufweisen, welche für die Bearbeitung und eine weitergehende Nutzung durch den Menschen nicht immer geeignet ist. „Two Worlds“ spiegelt den Unterschied zwischen Natur, zu der auch Holz und andere Materialien zählen, und einer geformten und genormten Welt, wider. Der Mensch versucht wiederum die Natur oft in eine genormte, perfekte Form zu bringen. Das Streben nach Perfektion und Einheitlichkeit wird durch die nach oben aufragende Stele beispielhaft zum Ausdruck gebracht und steht daher auch für eine Gesellschaft, die das ursprünglich Andere, das Natürliche immer mehr ausgrenzt und eine Vereinheitlichung anstrebt.
 

Das Titelbild-Kunstwerk „Heart of Gold“ von Karin van der Molen stellt ein Boot dar das einen Schatz durch den Himmel trägt. Das Boot aus Bambus spielt mit dem chinesischen Symbol für Reichtum, dem Goldnugget, was auch für Wohlstand steht. Die Künstlerin thematisiert mit dieser Arbeit allerdings einen anderen, immateriellen Reichtum. Für sie lässt sich der Wohlstand einer Gesellschaft auch anders bemessen, nicht nur an Geld oder luxuriösen Dingen. Der Reichtum der hier symbolisch dargestellt ist, bezieht sich auf das Vorhandensein von sauberer Luft, der Vielfalt der vorhandenen Farben und des gesunden Waldbodens, ebenso wie der Vielzahl der verschiedenen Bäume und Pflanzen, der wilden Tiere und der Unzahl an Insekten. Die Künstlerin Karin van der Molen spricht hier den Schatz des Netzwerks des Lebens an, indem alles miteinander verbunden ist. Nicht nur für einzelne Arten ist der Schutz eines intakten Geflechts und einer großer Biodiversität wichtig zum Überleben, sondern auch für uns Menschen. Schlüpfen die Betrachter*innen in die Skulptur hinein und sind durch diese abgeschirmt erfahren sie eine weitere Bereicherung der Sinne durch die sie umgebende Stille. Symbolhaft verknüpft diese Skulptur den Menschen wieder mit seiner Umgebung, weist auf die Wichtigkeit einer intakten Natur hin und lässt diese für die Betrachter*innen erlebbar werden.
 
„Eichenkeimlinge“, 2016, Eichenholz Je ca. 1000 cm x 150 cm x 150 cm  (7 Stück als Installation, Standort Lemgo) Bildrechte: Jürgen Brinkmann
„Eichenkeimlinge“, 2016, Eichenholz
Je ca. 1000 cm x 150 cm x 150 cm 
(7 Stück als Installation, Standort Lemgo)
Bildrechte: Jürgen Brinkmann
Das Künstlerduo Frank Nordiek und Wolfgang Buntrock hat bei seinem Werk „Eichenkeimlinge“ den Prozess der Veranschaulichung von Naturvorgängen und eines Zeitablaufs in den Mittelpunkt gestellt. Das Werk besteht aus sieben einzelnen Skulpturen aus Eichenholz, die zu einer lockeren, wie gewachsen wirkenden Gruppe in einer Parklandschaft arrangiert wurde. Jedes dieser einzelnen Objekte ist jeweils aus dem Kernstück einer altersschwachen und daher gefällten Eiche entstanden. Die beiden Künstler nahmen in ihrem Werkprozess eine Verjüngung vor und schufen überlebensgroße Formen die den Keimlingen von Eichen nachempfunden sind. Dabei ist der individuelle Wuchs der Bäume berücksichtigt und der stabile Kern herausgeschält. Weiters ist neben jede Skulptur ein junger Eichenbaum gepflanzt, der jeweils aus den letzten Samen der gefällten Bäume gezogen war. Der Kreislauf des Absterben und Nachwachsen wird veranschaulicht, der Ablauf der Zeit wird thematisiert. Die Keimlingsskulpturen fungieren als Platzhalter während die neu eingepflanzten Eichen zu immer größeren Bäumen heranwachsen. In dieser Zeit verwittern die Skulpturen weiter und werden morsch. Das Künstlerduo Nordiek und Buntrock hat mit ihrer Arbeit „Eichenkeimlinge“ eine Skulpturengruppe geschaffen, die sich mit dem Ablauf der Zeit immer weiter verändert und die auch nie ganz „fertig“ sein wird. Das Nachdenken über die Natur und deren menschliche Gestaltung ist ein wesentlicher Bestandteil ihres Werkes ebenso wie das Thema der Veränderung und der Weiterentwicklung in das Werk eingeschrieben ist.
 
 
Für weitere Infos:
 
 
 
 
Titelbild: Karin van der Molen, „Heart of Gold“, 2018, Bambus, 250 cm x 350 cm x 175 cm, Bildrechte: Künstlerin
 
Verweise:
 
1 Wagner, Monika: Lexikon des künstlerischen Materials. Werkstoffe der modernen Kunst von Abfall bis Zinn. Verlag H. C. Beck München. München. 2002. S. 145 - 152.
 
2 Ebd.
 
3 Ebd.
 
4 Ebd.
 
5 Ebd.
 
 
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Autorin: Dr. Eva Daxl

Eva Daxl absolvierte ein Kunststudium mit plastischen Schwerpunkt. In ihrer PhD-Arbeit schrieb sie über das Thema keramische Materialien in der Kunstkritik. Sie ist daher mit dreidimensionalen Kunstwerken in Theorie und Praxis vertraut.

 
 
 
 
 

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