Wolf.Werk
Ludwig-Dörfler-Allee 9
65428 Rüsselsheim
Deutschland
Offen geht - Kunst trotz(t) Ausgrenzung
Vor der Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen Rüsselsheim steht die sieben Tonnen schwere Aktionsplastik Odyssee (2016), die der Künstler gemeinsam mit Geflüchteten aus Afghanistan, Syrien und dem Iran erstellt hat. Vier Monate arbeitete er mit ihnen in seiner Werkstatt. Jede:r schmiedete Eisennägel und gemeinsam bauten sie ein kapitales Floß aus Holzbalken, Blechstreifen und schmiedeeisernen Nägeln; stellten der Flüchtlingstragödie gemeinsam Erlebtes entgegen. Letztlich wird aber der Blick auf die Hoffnung freigegeben, weil man die Skulptur zusammen erschaffte. „All das“, betont Wolf, „steckt auch im Stahl der Nägel, der seit Jahrtausenden wiederverwertet wird, und im alten Holz der Balken, die eine neue Bedeutung gefunden haben. Sie werden in den nächsten Jahrzehnten verrotten – zurückbleiben wird ein Gerüst aus Eisenstreifen, die Nägel aber werden zum Vorschein kommen, jeder Einzelne“.
Neben dem Bodenrelief Sehnsucht IV (2018) aus dem Zyklus The Missing Piece zeigt der Darmstädter Stahlbildhauer die Arbeit Out of Petrol (2021): drei riesige Stelen bestehend aus ausgemusterten Benzinkanistern der Bundeswehr und der amerikanischen Besatzung, die der Künstler auf seinen Streifzügen über offen gelassene Anlagen, Industriebrachen und Schrottplätze in der Region Frankfurt fand. Die Aussage ist einfach: Mit Out of Petrol (2021) fragt der Künstler: „Haben wir Menschen zu viel Feuer (Hitze) gemacht, unsere Ressourcen zu unbesorgt abgefackelt? Der Sprit ist aus!“ Die Benzinkanister-Stelen wirken wie Totempfähle zur Anbetung des heiligen Stoffs, um den die letzten Kriege geführt werden.
Zwei kleinere, ebenso brandaktuelle Arbeiten sind im Rathaus Rüsselsheim (Marktplatz 4) zu sehen: Killing Exercise und Horus (beide 2021). Letztere ist ein historisches Fragment des Krieges: ein Panzerrad mit Durchschuss aus dem zweiten Weltkrieg, dem der Künstler durch verzundern, bürsten und ölen eine höchst edle Oberfläche gibt. Die Form ist dynamisch und kraftstrotzend. Erst der Augenblick des Berstens offenbart die Stärke, die dem stählernen Rad innewohnt; gleichzeitig ist dieser Augenblick sein Ende.
„Das ist auf den ersten Blick faszinierend“, sagt Wolf. „Auf den zweiten Blick wird klar, dass dies der Moment ist, in dem das Geschoss seinen Weg ins Innere des Panzers findet und fünf junge Menschen sterben - Horus ist der ägyptische Gott des Krieges, meine Skulptur Horus ist der Tod selbst. War es ein russischer Panzer, oder ein Deutscher? Sicher lässt sich das identifizieren, aber für meine Aussage sollen die Opfer anonym bleiben.“
Feierliche Eröffnung am Sonntag den 28.8.22 um 12:00 Uhr vor den Opelvillen, Ludwig-Dörfler-Allee 9, Rüsselsheim, mit: Dr. Beate Kemfert, Vorstand Opelvillen; Lucian Lazar,Leiter Regionales Diakonisches Werk Groß-Gerau/Rüsselsheim; Andreas Pitz, Kurator (Nierstein); Lena Knilli, Künstlerin (Wien); Georg-Friedrich Wolf, Künstler (Darmstadt); Sybille Loew, Künstlerin (München)c und weiteren Gästen; musikalische Begleitung: Dazz Trio.
Offen geht heißt das Gesamtprojekt mit Begleitprogramm vom 26.8. bis 25.9. 2022 in Rüsselsheim. Es wird vom Regionalen Diakonischen Werk Groß-Gerau/Rüsselsheim, der Stadt Rüsselsheim und der Evangelischen Martinsgemeinde Rüsselsheim getragen. Unterstützende sind die Regionale Diakonische Werke in Hessen und Nassau gGmbH und das Evangelische Dekanat Groß-Gerau/Rüsselsheim. Fördernde sind die Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, die Evangelischen Bank, die EKHN-Stiftung sowie die Kreissparkasse Groß-Gerau.
Beteiligte Künstler:innen:
Adidal Abou-Chamat, Hartmut Artelt, Tammam Azzam, Ingrid Bahß, Bernd Baldus, Joseph Beuy Max Bill, Harald Birck, Sebastian Blei, Eckart Bruch, Klaus vom Bruch, Manfred Butzmann, Luigi Ciasullo Carlfriedrich Claus, Christo, Madeleine Dietz, Felix Droese, Elijah Haider, Ulrich Erben, Andreas Felger, Thorsten Fuhrmann, Jochen Gerz, Göran Gnaudschun, Günter Grass, Heinz Jürgen Heinze, Birgid Helmy, Ludowika Huber, Georg Kleber, Lena Knilli, Klaus G. Kohn, Julia Krahn, Sybille Loew, Helmut Mair, Michael Morgner, Olaf Nicolai, Wolfgang Niedecken, A.R. Penck, Herr Penschuck, Raffaell Rheinsberg, Esra Rotthoff, Borislav Saitiniac, Bernd Schneider, Daniel Schoa, Daniel Spoerri, Rose Stach, Klaus Staeck, Rosemarie Trockel, Günter Uecker, Tomi Ungerer, Cornel Wachter, Sibylle Wagner, Stefan Weiler, Ichiharu Yamada