Wie man den Wald rettet ... und die Menschheit
Im sculpture network Online-Club vom 25. Oktober 2021 haben wir über die komplexe Verbindung zwischen Natur, Kunst und Menschheit gesprochen. Die Künstlerin Fleur van den Berg und die Kuratorin und sculpture network-Vorsitzende Anne Berk eröffneten uns die wunderbare Welt der EcoArt. Wenn Sie es verpasst haben, lesen Sie hier einfach nach – vielleicht lernen Sie dabei noch das ein oder andere zum Thema „Rettet den Wald“!
Seien wir ehrlich: Das Thema Umweltkrise und menschengemachter Klimawandel ist in den heutigen Medien allgegenwärtig, und doch schaffen wir es die meiste Zeit, es aus unseren Köpfen zu verbannen. Weil es unangenehm ist, darüber nachzudenken, weil das Konzept zu abstrakt erscheint, um für unseren individuellen Alltag relevant zu sein, weil wir einfach zu viel anderes zu tun haben ... die Liste der Gründe, nicht aktiv zu werden, lässt sich beliebig fortsetzen. Aber die Wahrheit ist: Wenn wir Probleme wie die Abholzung der Wälder, die hohen CO2-Emissionen und das Schmelzen der Polkappen nicht in Angriff nehmen, werden wir die Konsequenzen tragen müssen. Wir und künftige Generationen werden uns damit auseinandersetzen müssen, ob es uns gefällt oder nicht.
Fleur van den Berg: Mit der Erde verbunden
ceramics, height 310 cm, diameter 300 cm
Das mag zunächst düster und hoffnungslos klingen, wie eine unabwendbare Wolke des Schreckens, die bedrohlich über unseren Köpfen schwebt. Aber darin steckt auch Hoffnung und Inspiration. Es ist noch nicht zu spät! Wir haben alle Fakten, jetzt müssen wir nur darauf reagieren. Dieser Gedanke treibt Künstlerinnen wie unser sculpture network-Mitglied Fleur van den Berg an, Kunst zu schaffen, die das Verhältnis zwischen Mensch und Natur und unsere Abhängigkeit von der Umwelt in den Mittelpunkt stellt. In ihrer Präsentation in unserem Online-Club stellte sie Skulpturen aus verschiedenen Materialien vor, die sie nicht nur nach ihren Eigenschaften auswählt, sondern auch nach ihren potenziellen Auswirkungen auf die Umwelt. Menschliche Figuren aus Glas, deren Arme sich in Äste verwandeln, erinnern uns daran, dass wir untrennbar mit der Erde verbunden sind. Ein Mantel aus Teddybären repräsentiert unsere zwiespältige Beziehung zu Tieren, die wir kuscheln und liebhaben, aber auch jagen, töten und essen. Die 23 Teilnehmenden des Online-Clubs waren alle tief bewegt von Fleurs Hommage an die Natur, ihrem experimentellen Stil und der kohärenten Geschichte, die sie mit ihren Skulpturen erzählt, obwohl sie sich so stark voneinander unterscheiden.
Fleur van den Berg, plantvrouw (plantwoman), 2017, glass, textiles and other materials
height sculpture without straps 150 cm, width 115 cm, depth 28 cm
Rettet den Wald!
Kunst hilft Fleur, ihre Gedanken und Ängste in Bezug auf die Umwelt zu verarbeiten, genauso wie Kunst uns Betrachtenden helfen kann, mit unseren Gefühlen umzugehen. Im Anschluss an ihre Präsentation nahm uns die Kuratorin und sculpture network-Vorsitzende Anne Berk mit auf einen virtuellen Rundgang durch ihre aktuelle Ausstellung Save the Forest! im Museum Het Valkhof Nijmegen. Ausgehend von Joseph Beuys' frühem Protest gegen die Abholzung der Wälder in Deutschland in den 1970er Jahren, der der Ausstellung ihren Titel gab, begaben wir uns auf eine Reise durch verschiedene künstlerische Ansätze zum Thema Umweltzerstörung, insbesondere Entwaldung. Die in der Ausstellung gezeigten handverlesenen Künstlerinnen und Künstler reagieren auf unterschiedliche Weise auf diese existenzielle Krise: indem sie sie betrauern oder dokumentieren, indem sie versuchen, neue Verbindungen zur Natur zu finden, indem sie selbst aktiv werden oder sogar selbst Bäume pflanzen, um unser kollektives Versagen beim Schutz der Wälder zu kompensieren. Ihre Botschaft ist klar: Kunst hat die Macht, ein Problembewusstsein zu schaffen, und das ist die Keimzelle für Veränderung.
Die wunderbare Welt der EcoArt
Einige der ausgestellten Werke drücken Betroffenheit über den Verlust der Natur aus. Berlinde de Bruyckeres Skulptur Kreupelhout I („Krüppelholz“, 2013) verkörpert eine tiefe Trauer über das, was bereits verloren ist: ein umgestürzter Baum, der nur noch von Gurten und Bandagen zusammengehalten wird. Aber in diesem Elend steckt auch ein Funken Hoffnung, denn wer kann schon sagen, ob der Baum fällt oder nicht vielleicht doch im Begriff ist, zu heilen und sich wieder aufzurichten?
Trauer ist zwar ein zentraler Teil des Prozesses, aber die Überwindung dieser lähmenden Trauer ist ebenso wichtig. Einige Künstlerinnen und Künstler sehen in der verlorenen Verbindung zur Natur eines der Hauptprobleme unserer modernen Gesellschaft und einen Grund dafür, warum wir unsere Umwelt zerstören und vernachlässigen. Deshalb steht im zweiten Teil von Save the Forest! das Wiederfinden der Verbindung zur Natur im Mittelpunkt. Aaron Demetz’ beeindruckende 4 Meter hohe Bronzestatue Heimat (2010) warnt davor, das Fundament zu zerstören, auf dem unsere gesamte Zivilisation aufgebaut ist. Giuseppe Penone macht mit seinen Skulpturen, die echte Pflanzen mit menschlichen Figuren verbinden, unsere Abhängigkeit von der Natur überdeutlich. Und Marinus Boezems LandArt-Projekt De Groene Kathedraal („Die Grüne Kathedrale“, 1996) verkörpert die Heiligkeit der Natur, um zu zeigen, wie viel der Mensch erreichen kann, wenn er sich für eine Sache einsetzt. Die monumentale Kathedrale aus vor über 30 Jahren gepflanzten Bäumen ist ein Denkmal und eine Mahnung an uns alle: Wenn wir unsere Anstrengungen auf den Umweltschutz richten, werden wir diese Krise überwinden!
Kunstschaffende wehren sich
Aron Demetz. Foto Flip Franssen
Mit diesem hoffnungsvollen Ausblick begaben wir uns in den dritten Teil der Ausstellung, die Dokumentation. Der Klangkünstler Chris Watson erinnert mit seiner Klanginstallation The Sound of Sanctuary (2007), die das Erwachen der Tiere in Madagaskars letztem Regenwald wiedergibt, an das, was verloren zu gehen droht. Um Orte wie diesen für künftige Generationen zu bewahren, damit sie den Regenwald von Madagaskar selbst noch erleben können, statt nur eine Aufnahme anzuhören, müssen wir etwas unternehmen! Darum geht es im vierten Teil der Ausstellung, und das hat unsere Diskussion am meisten beflügelt. Was können wir tun? Die Antwort der polnischen Künstlerin Cecylia Malik ist einfach, aber kreativ: Protestieren! Mit einer Aktion, bei der sie ihr Baby auf einem Baumstumpf stillte und es auf Facebook dokumentierte, rief sie die Initiative Polish Mothers on Tree Stumps ins Leben, die gegen die ungeregelte Abholzung von Bäumen in Polen protestiert. Ihre Kampagne ging bald viral und erregte internationale Aufmerksamkeit – was ihrem Protest schließlich zum Erfolg verhalf. Dieses hoffnungsvolle Beispiel hat bei uns allen einen bleibenden Eindruck hinterlassen: Kunst kann tatsächlich einen Wandel anstoßen!
Abschließend durften wir Sara Vrugts beeindruckendes Werk 100.000 Trees and a Forest of Thread (2020) bewundern. In den Fußstapfen von Joseph Beuys, der 1982 auf der documenta 7.000 Eichen pflanzte, hat sie sich selbst das ehrgeizige Ziel gesetzt, 100.000 (!) Bäume zu pflanzen. Um Aufmerksamkeit auf das Thema Entwaldung zu lenken, entwarf sie ein Gemeinschaftskunstprojekt mit 1.200 Freiwilligen, die 100 Quadratmeter Stoff mit Vögeln, Bäumen und Geschichten bestickten. In den Stoff wurden Pflanzensamen eingewebt, mit der Idee, dass das Kunstwerk am Ende zur Natur zurückkehren und verrotten soll, um dann in Form von Bäumen zu neuem Leben zu erwachen. Ein schöner Gedanke, der die Einheit von Kunst und Natur veranschaulicht.
Es gibt noch Hoffnung!
Der hoffnungsvolle Unterton dieses letzten Werks übertrug sich auf uns alle. Das Schöne an der digitalen Welt, in der wir leben (trotz ihrer Herausforderungen und der unvermeidlichen technischen Schwierigkeiten eines Zoom-Calls), ist die Möglichkeit, Ideen, Erfahrungen und Vorschläge mit Menschen auf der ganzen Welt bequem vom eigenen Wohnzimmer aus auszutauschen. Noch vor wenigen Jahren hätte es einen enormen logistischen Aufwand bedeutet, sich an einem normalen Montagabend mit Menschen aus 6 verschiedenen Ländern von Angesicht zu Angesicht zu unterhalten. Jetzt ist das einfach so möglich! Ein angeregtes Gespräch darüber, wie wir unseren CO2-Fußabdruck verringern können, folgte auf diesen sehr inspirierenden virtuellen Rundgang durch die Ausstellung Save the Forest! und die vielen Möglichkeiten von EcoArt. Alle hatten etwas beizutragen, und unser Online-Club endete mit der positiven Erkenntnis, dass jede und jeder Einzelne von uns aktiv werden und einen Teil zur Rettung des Waldes – und damit unseres eigenen Lebensraums – beitragen kann.
Veröffentlicht: November 2021
Coverbild: Rettet den Wald! Save the Forest! Museum Het Valkhof Nijmegen NL eco artists Joseph Beuys and Uýra Sodoma. Photo Flip Franssen