Kunst als politische Provokation?
Der Künstler und Unternehmer Bernd Reiter installiert provokante und medienkritische Kunstwerke, die den Betrachter aufwühlen sollen. Am Sonntag, den 27. Januar öffnet er die Türen seines Studios für jeden, der hinter die Kulissen des viel diskutierten Werkes „Ironie des Schicksals“ blicken möchte.
Ein russisches MiG-Kampfflugzeug fällt krachend auf zwei amerikanische Limousinen. Es ist eine mächtige Kollision, die Bernd Reiter in die Realität umgesetzt hat. Der Betrachter benötigt etwas Zeit, um die Unfallszenerie mit dem großen Flieger zu umschreiten. Dabei wird die Anspielung auf den kalten Krieg deutlich. Überall auf dem Flugzeug, den Limousinen und auf einem Luftboot, das man neben den kollidierten Transportmitteln findet, sind Monitore angebracht. Darauf laufen dokumentarische Szenen des Syrienkrieges ab.
Reiter kommentiert die politische Weltsituation so: „Die amerikanischen Luxusautos und das russische Kampfflugzeug weisen nicht nur auf den längst beigelegt geglaubten Kalten Krieg zwischen den beiden Supermächten, zwischen Ost und West, zwischen Kommunismus und Demokratie, sondern auch auf reale Stellvertreterkriege wie der Konflikt in Syrien, der immer noch als Bürgerkrieg getarnt wird und täglich Abertausende zivile Opfer fordert. Durch die sogenannte Flüchtlingskrise werden die Kriege und Konflikte in Syrien, Afghanistan und dem Irak, aber auch die zahlreichen Menschenrechtsverletzungen und Hungertoten im Nahen Osten und Afrika buchstäblich vor die eigene Haustür getragen. Und vor der eigenen Haustür muss man auch bekanntlich kehren – genau das mache ich mit meiner Arbeit als Künstler. Ironie des Schicksals bezieht sich nicht nur auf die anderen, sondern auch auf uns selbst – gerade in Europa, gerade in Deutschland, das nach dem Zweiten Weltkrieg seine eigene Massenmigration und Flüchtlingskrise erlebt hatte und heute als eine der wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Mächte der Welt dasteht.“
Seine Kunst versteht Bernd Reiter als Aufruf, Proteste oder Mahnungen. Die kraftvolle Sensation, die Reiter selbst beim Erwerb der MiG verspürte, verleitete ihn zur Handlung. „Für mich ist die Kunst keine hehre Ware oder kulturelle Trophäe, sondern ein essenzielles Mittel, um die Gesellschaft zu gestalten, um meine Mitmenschen wachzurütteln, sie zum Denken anzuregen und zu Taten zu bewegen.“ Eine für jeden verständliche Aussage, die die Welt konsum-, gesellschafts-, und systemkritisch beleuchtet, ist das Ziel von Bernd Reiters Werken.
In Verbindung mit ihrem politischen Thema zeigt Ironie des Schicksals aber auch einen medienreflektierenden Ansatz auf. Der schwere Einsatz von Monitoren hinterfragt den Konsum von Nachrichten in unserer Gesellschaft, er zwingt aber auch zum Hinsehen. Dass politische Themen in der Kunst auftauchen, ist seit jeher der Fall. In einem Zeitalter der social media Blasen und Filtern sind Statements wie das von Bernd Reiter wichtig.
„Ich bin sehr an der Dreidimensionalität in Verbindung mit einer Medienkritik interessiert. Daher tauchen in meinen Arbeiten auch sehr häufig Computermonitore und vor allen Dingen Fernseher auf, die aber nicht einfach nur ,tot‘ eingebaut werden, sondern in denen wiederum Videos gezeigt werden, die sich kritisch mit politischen und zeithistorischen Fragen auseinandersetzen. Damit wird die Aussage meiner Arbeiten transparenter und für jeden verständlich – und ich glaube, das ist auch meine Aufgabe als Künstler.“
Bernd Reiter hat die Kunst nicht studiert aber fand schon immer einen Zugang zu ihr. Seine Installationen sind häufig im Mittelpunkt von Messen und Ausstellungen zeitgenössischer Kunst. „Vor mehr als 30 Jahren habe ich damit begonnen, Materialien aus der Bauwirtschaft experimentell zusammenzusetzen. Für meine Installationen und großen Projekte habe ich Materialien, die auf dem Bau übrig waren, vermessene Materialglasreste mit Metall, Holz, Beton kombiniert, auch mit meiner Malerei. Ich wollte von Anfang an alles gestalten, formen, aus dem Normalen überhöhen und mit einer Bedeutung aufladen. Ich bin in meinem Herzen immer schon Architekt und Kunst-Schaffender, immer Unternehmer und Künstler gewesen.“ Der innere Trieb, zu gestalten, ist Bernd Reiter immanent. Seine Kunst ist Sein, betont er.
Seine Werke wurden neben der ART.FAIR in Köln und der art Karlsruhe unter anderem schon mit großen Namen wie Liechtenstein, Haring, Hirst und Banksy ausgestellt und Bernd Reiter bietet nun seinen Gästen am 27. Januar in seinem Atelier einen seltenen Blick hinter die Kulisse. Seien Sie dabei, diskutieren Sie über Kunst und Politik und knüpfen Sie interessante neue Kontakte.
start’19 - sculpt the world with us!
Kunsthalle Studio 4
An der Hasenkaule 10
50354 Hürth
Sonntag 27. Januar 2019
ab 11.00 Uhr
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Autorin: Christina Benesch
Christina Benesch arbeitet im Münchner sculpture network Büro und betreut die start'19-Gastgeber, nachdem sie im Sommer ihren Master im kulturwissenschaftlichen Fach „Doing Culture“ abgeschlossen hat.