HIER UND JETZT im Museum Ludwig. Und gestern und morgen
Mit der Reihe HIER UND JETZT stellt das Museum Ludwig regelmäßig die eigene Arbeit auf den Prüfstand und hinterfragt die gewohnten Wege des Ausstellungsmachens. Die aktuelle Ausgabe verknüpft ausgesuchte zeitgenössische und historische Kunstwerke mit wissenschaftlichem Anschauungsmaterial, um unser Erleben von Zeit sowie dem Ort, an dem wir uns befinden, zu vertiefen. Darüber hinaus bietet sie durch die Einbeziehung verschiedener Disziplinen Raum für gemeinsames Lernen und ist die erste nachweislich klimaneutrale Ausstellung des Museum Ludwig.
Anhand einer konzentrierten Auswahl von Werken, Materialien und Texten wird das Hier und Jetzt mit dem Gestern und Morgen in Beziehung gesetzt. Um das Hier zu erfahren, richten wir den Blick zunächst auf den Grund, auf dem das Museum steht. Was verrät uns der Boden unter unseren Füßen? Wie lässt sich das Hier definieren, befinden wir uns doch auf tektonischen Platten, die sich in etwa so schnell bewegen wie unsere Fingernägel wachsen? Und worauf verweist die Adresse des Museums, die Bischofsgartenstraße, deren Umgebung weitgehend versiegelt ist?
Vor diesem Hintergrund lassen sich Chargesheimers Fotografien von Basaltsäulen als mehr lesen denn abstrahierende Schwarzweißgestaltungen. Die Alpenbilder von Gerhard Richter erinnern ebenfalls an die kontinuierliche Veränderung der Erdoberfläche und damit unseres eigenen menschlichen Daseins. Und Tacita Deans eindrucksvolle Arbeit Sakura (Taki I), das Bild eines tausendjährigen Kirschbaums, gestützt, aber in Blüte, mag uns vor Augen führen, wie ephemer unsere persönliche Gegenwart ist. Wie die Schichten des Bodens können auch die Jahresringe von Bäumen als natürlich gewachsene Archive herangezogen werden, um von Ereignissen und Zuständen zu berichten, die jenseits der eigenen Erinnerung liegen. Und wie ist es mit dem Morgen? Wo findet sich das Morgen hier und jetzt schon angedeutet auf unserer Erde?
Während die Eurasische Platte mit all ihren Erdschichten und Verwerfungen kontinuierlich über den Globus wandert, sich hebt und senkt, ziehen Wolken über den Himmel, anhand deren Gestalt Kundige Wettervorhersagen treffen können. Besonders eindrucksvolle Wolkenformationen sind in den historischen Fotografien von Gustave Le Gray, Charles Marville und Alfred Stieglitz festgehalten. Sie werden flankiert von Skizzen der Landschaftsarchitekt*innen des atelier le balto für eine neue Bepflanzung der Dachterrasse des Museum Ludwig. Damit reagiert das Museum auf den historischen Bischofsgarten, der sich im 10. Jahrhundert an der Stelle des heutigen Museum Ludwig befand. Die Ausstellung HIER UND JETZT im Museum Ludwig. Und gestern und morgen findet daher sowohl in als auch auf dem Museumsgebäude statt, wo sich im neuen Garten sitzend die vorüberziehenden Wolken beobachten lassen.
In der siebenmonatigen Laufzeit werden sukzessive einzelne Werke ausgewechselt, sodass sich kontinuierlich neue Bildergruppen formieren. Der Wandel der Ausstellung wird begleitet von Yoko Onos Lied I Love You Earth, mit der an die Erde gerichteten Zeile: „You are our turning point in eternity“. Werke der zeitgenössischen Kunst werden mit historischen Arbeiten und realer Landschaftsarchitektur zusammengeführt. Wissenschaften wie Geologie, Dendrologie oder Archäologie spielen eine sichtbare Rolle. Ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Austauschforen, Gemeinschaftsaktivitäten, Vermittlungsprogrammen und vielem mehr bietet gemeinsame Lernmomente.
Weitere Informationen unter HIER UND JETZT im Museum Ludwig. <br> Und gestern und morgen - Museum Ludwig, Köln (museum-ludwig.de)